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Das schönste Erlebnis meines Lebens: die Geburt

Dienstag, 22. August 2017, wir sind beim Frauenarzt. Lauschen den Herztönen unserer Tochter und freuen uns, denn der Geburtstermin rückt immer näher. Wie wird sie wohl aussehen? Die Arzthelferin leitet uns weiter zur Ärztin, die wie immer den Befund nachschaut. "Ihr Muttermund ist schon ca 4cm offen." berichtet sie uns. Wir sind total überrascht, meine Aufregung und Nervosität steigt sofort. Wird es schon früher los gehen? Ein Frühchen wäre sie nicht mehr. Ich weiß gar nicht was ich sagen soll. Mit den Worten "Wir sehen uns bestimmt nicht mehr." verabschieden wir uns von der Frauenärztin. 

Dienstag, 5. September, genau zwei Wochen später. Wir sind doch wieder beim Frauenarzt. Es hatte sich nichts getan in den zwei Wochen, keine einzige Wehe! Heute währe der errechnete Geburtstermin und ich hoffe so sehr nicht zu lange zu übertragen. Ich will unsere kleine doch endlich in den Armen halten und mit meiner/unserer Liebe überschütten. Wieder werden wir zur Ärztin gebracht, die uns mit "Mit Ihnen habe ich wirklich nicht mehr gerechnet!" begrüßt. Ja, denke ich, ich auch nicht. Aber gut, das Baby ist wohl noch nicht bereit. Sie tastet wieder nach dem Befund und es bleibt bei den fast 4cm. Heute tut die Behandlung weh. Ich hab irgendwie nicht ganz verstanden was sie tut. Bis sie mir sagt, das sie den Muttermund auf 6cm aufbohren konnte und das es normal ist, wenn ich jetzt Blutungen habe. Weil ich wegen der Behandlung ein komisches Gefühl im Unterleib habe, habe ich große Hoffnung, das das der Startschuss für den kleinen Bauchbewohner ist. "Falls Sie Wehen bekommen, bleiben sie nicht zu lange zu Hause. Es könnte schnell gehen, jetzt wo wir schon bei 6cm sind!" warnt sie uns. Mit den leichten Unterleibsschmerzen, auf die ich meine Hoffnung setze, fahren wir wieder nach Hause. 
Ich habe Rückenschmerzen. Aber auszuhalten. Ich habe Wehen, leichte. Ich muss sie noch nicht veratmen und weh tun sie auch nicht wirklich. Ich versuche sie zu zählen und die Zeit zu stoppen, aber manche Wehen sind so leicht, das ich nicht weiß, das es eine ist. Also ich lasse das Zählen und genieße den Abend mit meinem Mann.

Mittwoch, 6. September. Nach einer sehr erholsamen Nacht wache ich auf und mein erster Gedanke ist "Ich bin gespannt, ob ich immer noch Wehen habe." Ich stehe auf und merke sofort, das die Rückenschmerzen immer noch da sind. Sie kommen und gehen. Ich versuche noch mal die Wehen zu zählen. Ca. alle 10 Minuten kommt eine leichte. Ich muss immer noch nicht veratmen und weh tuts auch nicht wirklich. Was ist wenn ich nicht merke, wann wir ins Krankenhaus müssen?! Was ist, wenn der Schmerz so ertragbar bleibt?! Spontane Geburt zu Hause?! 
Ich mache uns Frühstück, kreise zwischendurch einfach meine Becken, was meinem Rücken schon gut tut. Ich habe keine Unterleibsschmerzen. 
Während dessen werden die Rückenschmerzen minimal stärker, ich veratme leicht und kreise weiter meine Becken. 
Wir lassen den Tag in Ruhe beginnen, Frühstücken ausgiebig, ich laufe hin und her, kreise mein Becken und fragen uns ob es heute los geht. Die Rückenschmerzen werden immer intensiver und ich muss veratmen. Aber alles noch nicht so schmerzvoll, das ich ins Krankenhaus fahren würde, der Wehenabstand gefühlt alle 5 Minuten. Ich springe noch unter die Dusche, die Wärme tut gut! 
Wir haben nichts vor und machen es uns wieder im Bett gemütlich mit einer Folge Criminal Minds. Im liegen sind die Wehen schlimmer, also stehe ich auf. Kreise weiter mein Becken und veratme. Ich bin an einem Punkt angekommen, an dem ich mich nicht mehr auf die Serie konzentrieren kann, weil ich mich auf die Wehen und das veratmen konzentriere. Wir hören auf zu schauen und ich laufe durch die Wohnung. Der Wehenabstand wird immer kürzer. Die Rückenschmerzen sind durchgehend da, mal stärker, mal schwächer. Sollen wir los fahren? Ich bin mir nicht sicher, weil es einfach noch nicht so dolle Weh tut. 
Weil die Wehen aber schon so regelmäßig kommen, entscheide ich mich dafür, doch langsam los zu fahren. Wehenabstand gefühlt jede Minute. Ich habe nicht mehr die Zeitgestoppt. Ich ziehe mich um. Packe noch was zu Naschen, ein Brötchen und eine Sprite in die Kreissaal Tasche und los gehts. 
ca 14Uhr: In mir herrscht Aufregung und riesen Freude, bald halten wir unsere Hayley endlich in den Armen. Angst habe ich keine, der Schmerz immer noch super auszuhalten.
Der Kreissaal ist voll und wir kommen erstmal in einen Untersuchungsraum. Ein Hebamme untersucht mich, immer noch 6cm. Ab ans CTG, was ich überhaupt nicht mag, weil man so wenig Bewegungsfreiheit hat. Ich bestehe darauf zu stehen, weil so alles am besten auszuhalten ist. Veratmen und Becken kreisen. Zwischen durch scherzen wir noch rum in den Wehenpausen. 
Nach einiger Zeit werden wir noch mal zum Spazieren geschickt, aber eher weil sie im Kreissaal gerade 5 Frauen am Entbinden haben, als das ich Spazieren müsste. Mein Mann will was essen und ich versuche mich zu ihm zu setzen. Aber im sitzen sind die Wehen nicht auszuhalten, also stehe ich auf und laufe vor dem Krankenhauscafé auf und ab. Mein Veratmen wir intensiver und die Konzentration darauf. Der Schmerz immer noch im Rücken, aber noch nicht so dolle wie ich ihn mir vorgestellt hab. Wir gehen wieder zur Kreissaalstation, es ist immer noch kein Kreissaal für uns frei. Noch ist für mich alles im grünen Bereich. Ich stehe am offenen Fenster oder halte mich an meinem Mann fest. Ich bin total in mich gekehrt, in meiner Welt, veratme und freue mich. 
Unsere Tür ist offen und weil es hier so hellhörig ist höre ich eine Frau schreien. Ich habe noch keinen einzigen Ton von mir gegeben. Was wird da wohl noch auf mich zu kommen?!
Der Oberarzt kommt rein, er will mich nochmal untersuchen und wir haben schon 8cm geschafft! Bald kann es losgehen, die Freude steigt! Eine Hebamme sagt uns das ein Kreissaal gleich für uns frei ist. Während sie dort alles für uns vorbereiten, ist der Oberarzt noch bei uns und wir unterhalten uns. Er erklärt mir warum ich einen recht kleinen Babybauch habe. Man hört wieder eine Frau schreien. 
"Sagen Sie mal, ist die Frau schon am Entbinden oder wie weit ist sie?" Frage ich ihn. Und er antwortet: "Nein, Sie ist auch noch in der Eröffnungsphase. Genau so weit wie Sie." Ich bin erstaunt, weil mein Schmerz einfach nicht so dolle ist, das ich schreien müsste. Der Arzt ist begeistert von mir, sagt mir das ich das 1a mache mit dem veratmen und sagt, das die Geburt super wird. Das macht mir Mut. 
ca 18Uhr: Wir kommen in unseren Kreissaal und ich wieder ans CTG. Veratmen, Becken kreisen. Die Wehen werden intensiver. Aus Interesse frage ich die Hebamme, ob man jetzt noch eine PDA legen könnte, aber nicht aus dem Grund das ich eine will. Sie sagt, das es sich nicht lohnt. "Ich brauch auch keine," sage ich "das schaff ich so!"
Schichtwechsel. Da die jetzige Hebamme zu 99% bei unserer Entbindung dabei sein wird, sage ich ihr, was ich mir für die Geburt wünsche. Mit der Schwerkraft entbinden und der Damm soll selber reißen. Aber ich bestehe nicht darauf, wenn es nicht anders geht. 
Sie schaut auch nochmal nach dem Befund: "Das Köpfchen liegt nicht richtig, du musst auf der Seite liegen, damit es sich dreht!" 
An meine Fruchtblase habe ich gar nicht mehr gedacht und da sind nicht selber platzt, wird sie von der Hebamme aufgestochen. "Du wirst dann den Druck von dem Köpfchen mehr spüren!" sagt sie mir. 
Gesagt, getan! Und WOW! Sofort ist der druck da. Die Hebamme zeigt meinem Mann, was er tun kann: einen Gegendruck, wenn eine Wehe kommt, an meinem Rücken. Ab dem Moment beginnt unser Teamworkt, denn ich vergesse mich. Vergesse zu atmen, vergesse in den Bauch zu atmen und ruhig zu atmen. Er muss mich erinnern, er macht mir Mut, hilft mir meine Konzentration wieder zu finden. 
Der Druck ist heftig! Ich kann nicht mehr ruhig bleiben und bin nicht mehr ich selbst, mir ist alles egal. Lasse es raus. 
Nach einiger zeit darf ich in den Vierfüßlerstand, das ist erträglicher. Mein Mann hält mir die Hände. "Ich will schlafen!" sage ich ihm in den Wehenpausen. "Ich bin so müde!" Ich darf auch schon aktiv mit pressen, auch jetzt muss mich mein Mann immer noch erinnern, wie ich zu atmen habe. Was wäre ich nur ohne ihn?! Ich liebe ihn! 
Wir versuchen noch weitere Geburtstellungen, um herauszufinden, was am erträglichsten ist. Geburtshocker oder einfach im stehen. Nichts. Der Druck ist einfach nicht erträglicher zu machen. 

7. September, Mitternacht. Der Oberarzt kommt rein "Wir holen jetzt Ihr Kind! Legen Sie sich bitte auf das Kreissaalbett" Mir war das auf einmal egal, auch wenn es mein Wunsch war, mit der Schwerkraft zu entbinden. Er erklärt mir was ich tun soll und was mein Mann tun soll. "Wenn eine Wehe kommt, dann Schieben Sie. Nicht knurren oder schreien, Schieben!" Während dessen drückt mein Mann meinen Kopf gegen meine Brust. 
Riesen große Freude herrscht in mir. Freude aus der ich so unendlich viel Kraft für die letzten Wehen ziehen kann. Ich motiviere mich selbst:
"Gleich bin ich Mama!"
"Sieht man schon den Kopf?"
"Ich hab es gleich geschafft!" sage ich in den Wehenpausen.
Ich weiß nicht ob ich vor Freude weine. Ich weiß nur das ich jeden Moment unser Kind auf meiner Brust liegen haben werde. Die Freude betäubt den Schmerz. 
"Ich sehe schon die Locken!"
"Tief einatmen und schieben!"
"Du hast es gleich geschafft, mein Schatz!"
"Noch eine Wehe, dann ist sie da!"
Höre ich von der Hebamme, den Ärzten und meinem Mann. Ich bin total darauf fixiert zu schieben und mich währenddessen auch zu entspannen. Was auch super klappt. Ich bin stolz auf mich.

Und von einer Sekunde auf die andere fällt alle Last von einem ab. Der Schmerz/Druck ist weg. Und das eigene Kind ist endlich da. Ein unbeschreiblich schönes Gefühl! 
Mein Mann schneidet die Nabelschnur durch und wir werden allein gelassen. 45 Minuten dürfen wir unser Glück alleine genießen, unser weinendes Baby bestaunen und Gott danken, für dieses unbeschreiblich schöne Geschenk.
Nach dem sich die Hebamme noch um die weitere 5 weiteren Frauen gekümmert hat, die alle gleichzeitig entbunden haben mit mir, kommt sie für die Nachgeburt nochmal rein und erzählt mir, das ein Dammschnitt gemacht werden musste, ich aber sonst keine Geburtsverletztungen habe. 
Neben mir steht auch noch die Sauglocke, die zum Glück nicht ihren Einsatz gefunden hat.

Wenig später wurde ich genäht und sauber gemacht. 6 Stunden muss ich noch im Krankenhaus bleiben, aber mit dem süßesten Baby der Welt, sind die Stunden auch schnell vorbei und wir dürfen nach Hause. 
Ich sehe Hayley an, wie perfekt sie ist und denke: "Für so ein Baby, würde ich immer wieder eine Geburt durchmachen, das lohnt sich aufjedenfall!"

6 Wochen ist die Geburt jetzt erst oder schon (Ich weiß nicht, wie ichs empfinden soll) her. Und ich kann mich echt nicht mehr an den Schmerz erinnern, nur an den Druck. Für mich war es eine absolute Traumgeburt, auch wenn es so lange gedauert hat. Und ich freu mich jetzt schon auf die nächste!

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